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Woche 4
10. Sep. 2000 - 17. Sep. 2000


22. Tag - Sonntag, 10. 9. 2000

Bisher konnten wir unsere Reise mit dem RV ganz unbeschwert genießen. Wir fuhren ganz einfach immer so lange und weit wie es uns gerade gefiel. Nun müssen wir schön langsam ans Ende denken und uns ein bisschen überlegen was wir noch unternehmen. Wir haben noch drei Tage auf VI. Am Mittwoch wollen wir auf das Festland und am Donnerstag müssen wir das RV Zurückgeben. Wir beschließen heute bis nach Tofino zu fahren und morgen an einer Whalewatchingtour teilzunehmen. Es ist heute häufig bewölkt aber zeitweise scheint auch die Sonne. Wir passieren Nanaimo und fahren nach Westen entlang des Hwy 4 quer über die Insel.
Am Cameron Lake machen wir eine kurze Pause an einem Picknick-Platz, welchen wir sehr einladend finden. Das klare Wasser liegt vor uns und rund um den See dicht bewaldete Berge, darüber der blaue Himmel. Dies ist kein Platz für ein kurzes Picknick, das ist eher ein Platz, um für immer hier zu bleiben. Allerdings ist keine Hütte weit und breit auszumachen. Auch der Hwy versteckt sich hinter den Bäumen.
Beim Cathedral Grove im MacMillan Provincial Park finden wir erst nach längerem Suchen einen Parkplatz. Es scheint, dass zwar nicht all zu viele Besucher hier sind, aber es gibt kaum Platz für Fahrzeuge.
Vor ca. 400 Jahren hatte ein Waldbrand die meisten der Bäume vernichtet. Jene bereits 400 Jahre alten Bäume welche das Desaster überlebten, fanden ausgezeichnete Bedingungen vor. Sie mussten kaum mit anderen Pflanzen um Licht oder Nährstoffe konkurrieren und wuchsen besonders kräftig in die Höhe. Es kommen aber keine Jungbäume nach, da die alten Tannen nicht genug lebensnotwendiges Sonnenlicht bis zum Boden durchlassen. Bis zu 800 Jahre sind die Bäume jetzt alt und die größte der Douglas Tannen ist mit 76 Meter die zweithöchste Douglas Tanne ganz Kanadas. Einige der Riesen wurden allerdings am 1. Jan. 1997 von einem starken Sturm in die Horizontale gelegt. Wir machen uns nicht die Mühe die 800 Jahresringe bei diesen teilweise mit Motorsägen aufgearbeiteten Baumstämmen zu zählen. Nicht weit hinter Port Alberni befindet sich der Sprout Lake. Wir stoppen an einem schön gelegenen Rastplatz. Bei Sonnenschein genießen wir eine kleine Mahlzeit und blicken dabei auf die "Martin Mars Bombers", zwei der weltgrößten Wasserlöschflugzeuge.
Ab Port Alberni ist für über 100 km Einsamkeit angesagt. Die nächste Möglichkeit, Treibstoff oder Verpflegung aufzutanken, gibt es erst wieder nach 120 km in Tofino. Der Hwy 4 ist zwar gut asphaltiert, windet sich aber kurvenreich über Vancouver Islands Hauptgebirge. Immer wieder kann man in den Regenwald gesprengte Forststraßen sehen, auch kräftige Kahlschläge sind zu erkennen. Am Straßenrand stehen Schilder auf welchen die Forstindustrie auf Wiederaufforstung hinweist. Auf Vancouver Island gibt es immer wieder, manchmal sogar gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Umweltschützern und Forstarbeitern.
Nach einem Fotostop am sehenswerten Kennedy River erreichen wir den dreigeteilten Rim National Park. Beim ersten Teil handelt es sich um den West Coast Trail. Ursprünglich wurde er als primitiver Rettungspfad für Schiffbrüchige in der gefährlichen Juan-de-Fuca-Strait genutzt. Über 77 km führt der Trail durch unwegsames Gelände. Es gibt bis auf wenige Hütten von Natives keine Versorgungsmöglichkeiten und man muss die gesamte Verpflegung für den 5 - 8 Tage dauernden Trip selbst mitnehmen. Durch Schlamm, über Leitern, bei Ebbe am Strand, über umgestürzte Baumriesen, primitive Cablecars und schlüpfrige Boardwalks kämpfen sich nur geübte Hiker entlang des Regenwaldes.
Der zweite Teil des Rim National Parks sind die, nur mit dem Boot erreichbaren Broken Island Groups, eine Inselgruppe im Barkley Sound.
Beim dritten Teil handelt es sich um Long Beach, den einzigen mit dem Auto erreichbaren Abschnitt des Rim National Parks. Kilometerlange Sandstrände gemeinsam mit dichtem Regenwald bilden diesen Teil des Parks. Eine Straße führt ca. 30 km nordwärts durch den Parkabschnitt - links und rechts nur Wald. Von Zeit zu Zeit weisen Schilder den Weg zum Strand. In Tofino sehen wir uns ein bisschen im Ort um. Das ehemalige Fischerdorf hat sich zu einem Touristenort entwickelt. Jetzt in der Nebensaison macht es einen verschlafenen Eindruck.
Wir erkundigen uns bei Jamie's Whaling Station nach Whalewatching Touren. Da um Tofino zur Zeit keine Wale anzutreffen sind, verweist man uns an die Filiale in Ucluelet. Wir buchen für morgen Nachmittag.
Heute bleiben wir in Tofino auf einem Campingplatz. Dieser liegt noch außerhalb des National Parks am wunderschönen Sandstrand. Erstmals am Pazifik, genießen wir einen wunderschönen Sonnenuntergang an der Kanadischen West Coast.

23. Tag - Montag, 11. 9. 2000

Im "Lonely Planet" steht, dass man sich das Frühstück im Common Warf Bread Bake Shop nicht entgehen lassen soll. Es war köstlich. Heute "zuckeln" wir bis 13.00 den Long Beach - Teil des Rim National Parks gemütlich nach Ucluelet. Auf halbem Weg machen wir Halt. Ein kurzer Boardwalk - Spaziergang bringt uns durch ein Bog (Moor) zur Wickanimish Bay and Center. Ein herrlicher Ausblick aufs Meer und den Long Beach fasziniert uns. Soweit das Auge reicht Sandstrand und Unmengen von Treibholz. Wale können wir von der Küste aus aber keine ausmachen. Im Center gibt es eine Ausstellung über das Meer und seine Lebewesen. Um 13.30 Uhr beginnt in Ucluelet unsere Whalewatchingtour. Obwohl es sicher ein Abenteuer ist, mit einem dieser stark motorisierten Schlauchboote eine solche Tour zu unternehmen, wählten wir ein größeres Boot. In diesem Boot hat man von einem höheren Standpunkt sicherlich einen besseren Ausblick. Auch beim Fotografieren sollte sich unsere Wahl als Vorteil erweisen. Salzwasser auf der Fotoausrüstung ist ja auch eine äußerst unangenehme Sache und im Schlauchboot bekommt man mit Sicherheit einige Spritzer ab. Der Himmel ist bedeckt und es weht eine steife Brise. Wir haben uns ordentlich eingekleidet, so ist die Kälte kein Problem. Unter Deck bekommt man auch gratis heiße Getränke. Nach ca. 30 Minuten Fahrt stoppt der Kapitän das Boot. Hier soll sich ein Grauwal herumtreiben. Es ist ganz ruhig, alle starren gebannt auf die Wasseroberfläche. Plötzlich, nicht weit vom Boot schießt eine Fontäne aus dem Wasser. Kurz kann man einen Teil des Rückens dieses riesengroßen Säugetieres erkennen. Nach ein paar Sekunden war der Spuk vorbei und ich frage mich ob das alles war. Wir warten aber weiter, es ist wieder ganz ruhig. Der Motor des Bootes ist abgestellt. Jeder hofft auf die Stelle zu starren wo "er" wieder auftauchen wird. Und wieder, ein leiser Aufschrei geht durch die ca. 15 Anwesenden. Diesmal war er, oder ist da ein zweiter, auf der anderen Seite des Bootes zu sehen. Ich habe es verpasst. Das Spiel wiederholt sich noch einige Male, Monika und ich sind ganz fasziniert von diesem Naturschauspiel - Wale in freier Natur zu beobachten. Das ist schon ein tolles Erlebnis. Es stellt sich heraus, dass es sich wirklich um zwei Tiere handelt. Inzwischen sind auch schon, die über Funk herbeigerufenen "Kollegen" im Schlauchboot da. Sogar der Kapitän der Fähre Ucluelet - Port Alberni macht einen Umweg um seinen Gästen dieses Erlebnis zu gönnen. Nach rund einer halben Stunde zeigt uns einer der Beiden, wie zum Abschied, noch seine mächtige Schwanzflosse und wir verlassen diesen Ort Richtung Broken Islands.
Obwohl wir schon von einigen Seelöwen auf kleinen Felsinseln begrüßt wurden, verschlägt es uns die Sprache angesichts von hunderten Seelöwen in einer einzigen Bucht. Ganz nah fahren wir heran. Lärm und Gestank liegen in der Luft. Ich fühle mich mitten in eine Fernsehdokumentation versetzt, ich hätte mir nie träumen lassen, so etwas je in freier Natur zu erleben. Mit dem Teleobjektiv gelingen mir ein paar tolle Aufnahmen von den kleineren, schwarzen Kalifornischen-Seelöwen und etwas größeren, braunen Steller-Seelöwen. Auch hier verweilen wir einige Zeit und beobachten ein paar verwegene Burschen, welche sich neugierig unserem Boot nähern.
Auf dem Rückweg nach Ucluelet treffen wir nochmals auf zwei Grauwale und nach faszinierenden 3 1/2 Stunden legen wir im Hafen an.
Den Campingplatz in Ucluelet haben wir auch schon gestern telefonisch reserviert. Somit ist das RV rasch für die Nacht abgestellt und wir machen uns auf den Weg zu einem köstlichen Seafood-Abendessen in einem kleinen Restaurant.

24. Tag - Dienstag, 12. 9. 2000

Direkt an der Küste kann der Nebel oft für längere Zeit hängen bleiben, obwohl ein paar Kilometer Landeinwärts der schönste Tag herrscht. So scheint es auch heute zu sein. In dichtem Nebel verabschieden wir uns von Ucluelet und nur wenige Kilometer später lacht uns die Sonne entgegen. Wir fahren den Hwy 4 wieder Zurück an die Ostseite von Vancouver Island. In Port Alberni stoppen wir noch bei einem kleinen Laden am Straßenrand und kaufen geräucherten Lachs. Wir dürfen die verschiedenen Arten probieren und entscheiden uns dann für Coho-Salmon.
An der Ostküste angelangt, spazieren wir ein bisschen durch den schönen Badeort Qualicum Beach. Schön langsam macht sich Abschiedsstimmung von Vancouver Island breit. In Parksville picknicken wir am Strand und verspeisen den zuvor gekauften Lachs, davon hätten wir mehr mitnehmen können.
Im Rathtrevor Provincial Park finden wir später einen schönen Nächtigungsplatz am Meer. Vor dem Schlafengehen machen wir noch einen einstündigen Strandspaziergang.

25. Tag - Mittwoch, 13. 9. 2000

Es ist fast zu schade, Vancouver Island heute zu verlassen. Blauer Himmel am Morgen, aber wir müssen unser RV übermorgen Zurückgeben, deshalb machen wir uns auf den Weg nach Nanaimo. Beim Rausfahren durch den Park laufen uns noch ein paar Rehe über den Weg. Wir erreichen den Fährterminal Nanaimo/Departure Bay rechtzeitig, um mit einer der neueren Fähren, einem Katamaran mit der Bezeichnung "PacifiCat", auf das Festland überzusetzen. Leider sind beide Schiffe dieses Typs in Wartung und wir müssen uns mit einer normalen Fähre begnügen. Angesichts des schönen Wetters wird uns die etwas länger dauernde Überfahrt sicherlich auch nichts ausmachen. Vancouver Island verabschiedet sich von seiner schönsten Seite. Blitzblauer Himmel, grüne dichte Wälder und Schnee auf den Bergspitzen ist unser letzter Eindruck von der größten Insel an der amerikanischen Pazifikküste. Nachdem wir im Bordrestaurant eine Kleinigkeit gegessen haben, überrascht uns an Deck ein herrlicher Blick auf die Skyline von Vancouver, im Hintergrund Mt. Baker.
Horseshoe Bay ist der zweite große Fährterminal, nach Tsawassen, von Vancouver. Der Trans Canada Highway führt von hier Richtung Osten. Über die Lions Gate Bridge kämen wir nach Vancouver Downtown. An Bord der Fähre wurden aber Informationen bekannt gemacht, dass die Brücke wegen Reparaturarbeiten gesperrt ist. Gleich nachdem wir von der Fähre gefahren sind, weisen uns Schilder darauf hin, dass es einen eigenen Radiosender gibt, welcher nur über die Verkehrssituation auf der Lions Gate Bridge berichtet. Wir stellen die Frequenz bei unserem Autoradio ein und hören zu unserer Freude, dass die Brücke soeben vorübergehend für den Verkehr geöffnet wurde. So fahren wir vom Trans Canada Highway ab und durch Downtown Vancouver, um uns diese schöne Stadt auch aus der Sicht eines Autofahrers anzusehen. Trotz starkem Verkehrs und unseres großen Fahrzeuges kommen wir rasch voran und begeben uns weiter nach Langley zu unserer Vermietstation. Hier holen wir unsere, am Abreisetag Zurückgelassenen, Koffer, um gleich am Abend unser Gepäck packen zu können. Rückgabetermin ist ja erst morgen. An einer Tankstelle in Langley machen wir auch eine grobe Außen- und Innenreinigung des Fahrzeuges. In der Nähe von Fort Langley finden wir einen Campingplatz für die letzte Nacht mit diesen RV. Monika macht noch die Wäsche in der Campground-Laundry. Fast jeder private Campingplatz bietet die Möglichkeit, mittels Münzwaschmaschinen und Trocknern Wäsche zu reinigen.

26. Tag - Donnerstag, 14. 9. 2000

In der Früh fahren wir die letzten 10 km zur Vermietstation. Die Rückgabe erfolgt problemlos, da es keinerlei weiteren Beschädigungen am RV gab. Toll, dass wir die Koffer schon gestern packen konnten. Insgesamt sind wir in den letzten drei Wochen 3423 km gefahren.
Um 10.00 bringt uns das Shuttle Service von Candan ins Sandman - Flughafenhotel. Unser Zimmer, welches wir ja schon vor drei Wochen reserviert hatten, dürfen wir bereits beziehen. Wir haben noch den halben Tag vor uns und beschließen mit dem nächstbesten Gratis Shuttle Bus in eine Shopping Mal in Richmond zu fahren. Nach so viel Natur in den letzten Tagen haben wir aber noch nicht viel Freude mit Einkaufs- und Großstadtgetümmel. Nicht viel später befinden wir uns wieder im Hotelzimmer und machen es uns vor dem Fernseher gemütlich, auch das muss mal sein.

27. Tag - Freitag, 15. 9. 2000

Auf geht es nach Toronto. Ein Gratis Shuttle Bus bringt uns zum Flughafen und wir erledigen die übliche Eincheckprozedur.
Fast vier Wochen erlebnisreichen Urlaub haben wir hinter uns. Ich bin erholt, habe das Alltagsleben zu Hause fast vergessen, sitze nun auf dem Flughafen und warte auf den Flug. Ein richtig tolles Gefühl stellt sich bei mir ein, es geht nicht nach Hause, nein weitere vier Wochen Urlaub stehen uns bevor.
Später im Flugzeug, eine Boeing 767 der Air Canada, habe ich Zeit, die letzten Wochen noch einmal Revue passieren zu lassen. Wir hatten abwechslungsreiche Tage hinter uns: eine der schönsten Großstädte der Welt, Camping auf über 2000 Metern Seehöhe, umgeben von noch viel höhern Bergen, mit dem Boot zu Seelöwen und Wale - wirklich vieles das man erst mal verarbeiten muss.
Aufgrund der drei Stunden Zeitverschiebung ist es bereits 17.00 Uhr, bis wir den Toronto Pearson Airport erreichen. Mein Cousin Mike holt uns mit dem PKW ab und bringt uns zu sich und seinem Vater nach Hause in Aurora.
Aurora liegt ca. 50 km nördlich vom Zentrum Torontos. Mikes Vater, Joe Schneeberger, besitzt seit ca. 10 Jahren einen Kunstschmiedebetrieb in dieser Stadt und Mike arbeitet ebenfalls dort. Wir werden hier ein paar Tage wohnen, bis wir am Donnerstag wieder ein RV für weitere drei Wochen bekommen. Am Abend gibt es Medium Chicken Wings (die Hot-Variante ist brennend scharf) in einem nahegelegenen Pub.

28. u. 29. Tag - Samstag, Sonntag 16., 17. 9. 2000

Übers Wochenende haben wir in Aurora einfach nur entspannt. Am Samstag Abend kommen ein paar Bekannte von Mike und Joe vorbei und es wird gegrillt.
Sonntag besichtigen wir Joes Kunstschmiedebetrieb.
Auch dem Wohnsitz von Frank Stronach, welcher hier in Aurora den Firmenhauptsitz seines Mangna-Konzerns hat, passieren wir mit dem Auto - Fotografieren ist unerwünscht!

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